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haus und atelier zenzmaier, kuchl-strubau

    gut gewürfelt
    norbert mayr / architektur aktuell / 12/2002

    ein neues wohnhaus einer jungen künstlerfamilie, ein atelierbau - und beides am grundstück des elternwohnhauses, das ehemals fast allein stand und von der üblichen flut banaler einfamilienhäuser bald erreicht sein wird. dieses programm unter den bedingungen der ästhetisch aggressiven bau-"kultur" eines allgegenwärtigen suburbia erforderte von den architekten eine schlaue lösung: sie wurde behördlich genehmigt.

    die architekten maria flöckner und hermann schnöll setzen im salzburger tennengau haus und fotoatelier sehr präzis in den garten des väterlichen familien- und atelierhauses. die beiden holzverschalten baukörper sind zu den umliegenden häusern leicht verdreht. blickverbindungen des elternhauses wurden möglichst erhalten. durch eine gekonnt gesetzte befensterung im wohnhaus werden nachbargebäude ausgeblendet und differenziert landschafts- und freiraumbezüge geschaffen. der kostenrahmen war sehr eng. durch bewußte gestaltung des rohbaus konnte in die hochwertige gebäudehülle und großflächige fensteröffnungen investiert werden.
    das wohn- und atelierhaus des renommierten bildhauers josef zenzmaier, die ältesten teile stammen aus ca. 1900, war bis vor wenigen jahrzehnten einer der wenigen bauten in der strubau südöstlich von kuchl. als die entscheidung fiel, im garten wohnung und fotoatelier zu bauen, war dieser bereits eine baulücke geworden. das atelier wurde an der strubaugasse orientiert und das wohnhaus zu den umliegenden häusern hin leicht verdreht, sodass ein locker gefaßter hof entstand, die unverbaute gartenmitte. mit dem offenen garten zum elternhaus entstand ein beziehungsreiches ensemble. ein geschotterter weg entlang der grundgrenze führt zum hauseingang. die architekten sprechen beim hof südlich des wohnhauses vom „sonnengarten“ (winter-garten) und beim bereich nördlich des hauses zur wiese hin vom „schattengarten“ (sommer-garten). dies bewährt sich auch im jahreszyklus.

    der freie blick
    die präzise setzung der baukörper und ihrer befensterung formuliert - trotz nachbarlicher enge - blickbeziehungen zu den gebirgszügen, blendet umgebende bauten aus. so genießt man vom esstisch im wohnraum drei ruhige blicksequenzen, den elterlichen obstgarten, die geborgenheit eines vom ateliergebäude begrenzten atriums und schließlich die wiese mit weidenden schafen. diese wandöffnungen - vertikal, horizontal lagernd und wiederum vertikal gesetzt - holen freiräume und landschaft ins haus. zu einer angenehmen wohnatmosphäre tragen helle brauntöne bei, der versiegelte fließestrich und die osb-holzwerkstoffplatten als innenverkleidung der vorgefertigten elemente des holztafelbaus. die sichtbetonwände und –decken erfahren durch die rechteckigen schalungsbretter eine strukturierung. raumkamine vom wohnraum ins obergeschoß, begleitet von haushohen verglasungen, sowie lichtgrille zum keller schaffen außergewöhnliche lichtstimmungen und raumbeziehungen. das haus ist äußerst kompakt. die übergänge zwischen innen und aussen verlängern aber den blickraum der real nutzbaren räume des obergeschoßes. diese sind zellen zum individuellen rückzug, verbunden durch raumkamine zum raumkontinuum der gemeinschaftsräume des erdgeschoßes.
    während das atelier als reiner holztafelbau konzipiert wurde, entstand das wohnhaus in mischbauweise. das konstruktive rückgrat bildet eine betonscheibe. gemeinsam mit den ortbetondecken auf stahlstehern stabilisiert diese speichermasse die temperatur des hauses im sommer. so hatten die nun ein jahr darin wohnenden bauherrn bis dato keinen bedarf, für die beiden knapp sechs meter hohen fensteröffnungen im osten und westen sonnenschutzmaßnahmen zu ergreifen. zudem ist der großzügige kellerraum als kühler rückzugsraum bei sommerlicher hitze konzipiert.

    kostengünstige lärchenholzwürfel
    im ensemble dieses kleinen „weilers“ - das haus der prägenden persönlichkeit des vaters, das atelier mit minimalwohnung und das neue wohnhaus - leben drei generationen. kommunikation und räumliche distanz finden einen wohldosierten ausgleich. die kinder können über modifizierte dachbodenstiegen als ausweichwege direkt ihre zimmer erreichen. die beiden holzwürfel umfängt ein ebenmäßiger lärchenholzschleier. ein auf das minimum reduzierter dachüberstand schützt die über sechs meter hohen holzlatten. die laibungen der fensteröffnungen – ihre situierung verrät ein bauen von innen nach außen - und die auskragung im norden geben dem baukörper plastizität.
    der kostendruck war groß: trotz nettoherstellungskosten von nur 1.078 euro/m2 verbanden die architekten individuelle wohnansprüche mit hochwertiger gestaltung. die oberflächen des rohbaus und seiner materialien wurden bewußt gewählt bzw. gestaltet, sodass auf ein zusätzliches oberflächenfinish verzichtet und das ersparte geld in den raum sowie in die hochwertige gebäudehülle und großflächige fensteröffnungen investiert werden konnte.

    künstlerprestige versus „heimatschutz“
    solch ein projekt ohne einem so genannten „ordentlichen dach“ kann – wir schreiben das jahr 2002 - zu einem heftigen rumoren in gemeindestuben des landes führen. wenn sie darüber nicht selbst entscheiden wollen, lagern die salzburger gemeindepolitiker bzw. der bürgermeister die entscheidung aus, schalten so genannte bezirksarchitekten oder lokale gestaltungsbeiräte ein. kaum eines dieser gremien hat aber den anspruch, dem renommierten gestaltungsbeirat der stadt salzburg nachzueifern. im gegenteil: statt architekturförderung gibt es oft satteldacheinforderung. manche der beamteten amtssachverständigen und der oft gefürchteten bezirksarchitekten sind gar noch in der heimatschutzarchitektur der zwischen- und nachkriegszeit „beheimatet“.
    bei der einreichung der zenzmaier-häuser verwies der bautechnische amtssachverständige des bezirks tennengau in freundlichen worten auf die „zeitgemäße gestaltung“, die auf den „heimischen werkstoff nadelholz rücksicht“ nimmt. interessant der beschwichtigende hinweis, dass von der straße aus das „wohnhaus nicht in erscheinung“ tritt: „der örtliche vorhandene baucharakter schließt eine moderne, zeitgemäße baugestaltung nicht aus. die beiden objekte werden für die künstlerfamilie zenzmaier geplant und erhalten daher auch eine spezielle ausformung.“ das ansehen des anerkannten bildhauers josef zenzmaier war sicherlich geburtshelfer bei diesem erfreulich reibungslosen behördengang. dies ist im land salzburg bedauerlicherweise noch keine selbstverständlichkeit.


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