hinter der kryptischen ortsangabe 47°40'48"n/13°8'12"e verbirgt sich der name eines einfamilienhauses, das sich die architekten maria flöckner und hermann schnöll von der seele gezeichnet hatten: „wir wussten einfach nicht, wie wir das haus nennen sollen. da die aussicht mit dem wohnen so untrennbar verbunden ist, haben wir uns dazu entschieden, den ort zum eigentlichen namen zu erklären.“ gesagt, getan.
die großzügige ein- und aussicht durch meterweise nichts als glas lässt große freiheit vermuten. dass es sich bei der flachen flunder aus glas und beton tatsächlich um ein einfamilienhaus handelt, glauben nur die wenigsten. „wildfremde leute stehen plötzlich auf der terrasse und drücken sich die nase an der glasscheibe platt“, sagt maria flöckner. manche halten das haus für ein aussichtsrestaurant, einmal blieben mountainbiker stehen, um sich in der coolen hütte mit red bull und jausensnack zu stärken. und auch die salzburger kühe sind sich nicht so sicher: ungeniert treten die wiederkäuer bis an die hauskante vor und stecken ihren kopf durch den schwarzen vorhang, der die terrasse in kühlen schatten hüllt. wiewohl, der erwartete futtertrog ist leer.
die flache flunder aus glas und beton ist die schicke bleibe von friedrich und heike, die beide in der kunststoffbranche tätig sind und sich mit dem neuen refugium einen lang gehegten traum erfüllen wollten. „man glaubt es kaum, aber bis vor wenigen monaten haben wir sehr traditionell in einem salzburger altbau gewohnt“, erzählt der bauherr, „ein paar monate der eingewöhnungsphase hat es dann freilich gebraucht.“ doch um nichts in der welt sei man heute noch bereit, das schwarze glashaus gegen irgendein anderes zu tauschen.
unkonventionell von anfang an: man betritt das haus durch die garage. einen repräsentativen eingang im klassischen sinne braucht man in dieser hügellandschaft nicht. hierher kommt man ohnehin nur mit moped und gefährt. zwei riesige garagentore öffnen sich auf knopfdruck und geleiten zu audi, volkswagen und porsche. dass die garage so freundlich und hell ist, liegt nicht zuletzt an den transparenten außenwänden. stegplatten aus polycarbonat brechen das licht und lassen einen geschmeidigen anteil davon in den innenraum hinein. doch das außergewöhnlichste entfaltet sich beim blick nach vorn. hinter einer riesigen trennwand aus glas breitet sich das wohnzimmer aus. auto und bewohner können sich auf diese weise gegenseitig fesche blicke zuwerfen. „die bauherren haben sich für ein offenes wohnkonzept entschieden“, so die architekten, „und das konsequent durchgezogen.“
zutritt durch die schwarze wohnungstür: von da an gehören die folgenden 230 quadratmeter einzig und allein friedrich und heike. der boden ist schwarz, die wände sind schwarz, viele der möbel sind schwarz. einzig die decke eine massive platte, die 2,80 meter über dem boden schwebt ist aus beton. unverputzt, versteht sich. auf den boden ist man besonders stolz: der fein geschliffene asphalt ist mit grünlichen diabas-steinchen versehen, darunter wird von heizungsschlangen gewärmt. das macht die oberfläche wohnlich und edel.
zimmer im herkömmlichen sinne sucht man vergeblich. stattdessen ist die gesamte wohnfläche durch neun schwarze würfel in unterschiedliche zonen unterteilt. mal ist der würfel ein bad, mal ein schrankraum, mal eine voll und ganz traditionelle speis. für die oberfläche der schwarzen holzkuben haben sich flöckner und schnöll etwas besonderes einfallen lassen. mit kamera gewappnet machten sie sich in den nahegelegenen wald auf und bannten dort stämme und geäst auf den chip. die schwarz-weiße struktur, die die würfel überzieht, ist nichts anderes als dieses verfremdete foto, ein stück künstlicher landschaft.
doch wozu eine natur ohne farben? wozu diese schwarz-weiß-malerei? architekt hermann schnöll erklärt: „vor dem haus breitet sich eine wunderbare landschaft in den kräftigsten farben aus. aus diesem grund haben wir die innenräume bewusst farblos gehalten.“ so kommen die umliegenden wiesen und gebirgsketten noch besser zur geltung. ganz zur freude der bauherrin: sie kann vom hügeligen ausblick nicht genug kriegen. im norddeutschlande, woher sie stammt, ist die erde flach wie ein brett.
große ablenkungen gibt es nicht. hier steht ein esstisch mit schwarzen roland-rainer-stühlen, dort gibt es eine kubische couch aus schwarzem velours, um die sich ein paar fauteuils von alvar aalto gruppieren. mal in schwarz, mal in weiß. dann wieder ein tisch mit weißer platte, die sessel abermals in schwarz und weiß. schlicht, minimalistisch, aufs nötigste begrenzt. fast hat man das gefühl, als gelten die möbel einzig und allein der entspannung und landschaftsbeobachtung. durch schiebetüren geht es hinaus auf die beiden gedeckten terrassen. in die eine ist ein loch eingeschnitten, durch das ein bambuswäldchen sprießt, von der anderen kann man direkt in den swimmingpool springen.
manchmal will man sich dann doch verschließen. gegen die nacht, die neugierigen blicke der nachbarn oder die brütende mittagssonne. an der terrassenkante ist das haus in einen schwarzen vorhang gehüllt. den bauherren, ihres zeichens kunststoffexperten, wollten die architekten eine reverenz erweisen und ließen den gesamten vorhang aus polyethylen nähen. wie ein zerknittertes kleid von issey miyake schmiegt er sich ans haus und wartet auf den ersten windstoß. mit einem mal kommt bewegung auf. wild tänzelt der vorhang hin und her und macht das haus zu einem botschafter der naturgewalten. dann wird es wieder still. durch das grobmaschige netz kann man die hügel- und gebirgskonturen noch gut erkennen. sachte schimmern die farben ins haus. irgendetwas bewegt sich. die flecken werden größer. plötzlich steckt die kuh des benachbarten bauernhofes hungrig ihren kopf durch den vorhang. und wieder kein heu.
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