von: rainer häupl / ait / 7/8-2007
andersartig, fremd und ungewöhnlich. mit diesen attributen lässt sich das haus 47°40’48″n/13°8’12″e, das mitten im idyllischen salzburger umland steht, am treffendsten beschreiben. den beiden architekten gelang es, das schlichte gegenteil vom typischen einfamilienhaus zu bauen – dank aufgeschlossener bauherren.
haben sie sich schon ihren alten diercke-weltatlas aus der schulzeit geschnappt oder google-earth gestartet, um den genauen standort des hauses 47°40’48″n/13°8’12″e zu suchen? müssen sie nicht. einerseits können wir ihnen verraten, dass es sich ganz in der nähe von salzburg befindet, andererseits würden ihnen jetzt die architekten des hauses – maria flöckner und hermann schnöll – versichern, dass das haus „weniger für einen bestimmten ort gemacht (ist), es ist eher ein haus an einem ort.“ das haus könnte auch woanders stehen und würde genauso aussehen. denn für die bauherren ist vor allem eines bei der wahl des bauplatzes wichtig gewesen: der nahe autobahnzubringer! moderne nomaden sind die bauherren, pendeln beruflich zwischen deutschland und österreich, sind viel mit dem auto unterwegs. aber gerade wegen ihres nomadentums ist ihnen vielleicht der zweite pluspunkt des bauplatzes so am herzen gelegen: das landschaftspanorama. irgendeines sollte es sein, aber bitte ein schönes. damit man einen platz im leben hat, der einen wieder auf den boden der tatsachen zurückholt, nach straßenasphalt und geschäftsterminen wieder auf natur und natürlichkeit eicht. gleichzeitig will das haus aber nichts mit dem romantisch geprägten begriff der heimat zu tun haben, allein schon durch seine gestalt bleibt es ein fremder, ein gast in der landschaft. es passt sich nicht der topografie an, es berührt an fast keiner stelle die wiese.
als „unterstand mit glasvorhang“ beschreiben die beiden salzburger architekten das haus 47°40’48″n/ 13°8’12″e, und treffen es damit auf den punkt. zwei stahlbetonplatten begrenzen nach oben und nach unten den raum, seitlich gleitet der blick ungehindert durch die glasscheiben in die natur. so einfach das konzept auch klingt, so schwer gestaltete sich jedoch die bauliche umsetzung. an der nordwestecke kragt die decke acht meter aus. für die sichtbetonkonstruktion bedeutete dies, wie die tragwerksplaner betonen, ein ringen mit der gebrauchstauglichkeit. die lösung lag in einer auf den kopf gedrehten verbunddecke: ein stahlträgerrost mit 500 millimeter höhe liegt dabei auf einer stahlbetonplatte mit 16 zentimeter stärke, miteinander verbunden über sogenannte kopfbolzendübel. so gelang es den tragwerksplanern auch, die decke nur über wenige stützen abzufangen, was wiederum den architekten die möglichkeit gab, den grundriss des hauses frei zu gestalten. rund 370 quadratmeter nutzfläche stehen den bauherren – fast stützenfrei – zur verfügung. wobei 137 quadratmeter für die garage reserviert sind – eine beheizte garage mit freiem blick in die wohnräume wohlgemerkt! alleine dieser umstand zeigt den stellenwert des autos und der mobilität für die bauherren.
der wohnraum ist als ein einziges großes raumkontinuum ausgeführt worden. und allgegenwärtig ist die aussicht in das umland. somit wird die umgebung teil des gebäudekonzepts: jeder tageslichtwechsel, jede jahreszeit wird so auch im inneren sehr direkt registriert. nur die klimahülle – die umlaufende, raumhohe glasscheibe – trennt den bewohner von der außenwelt. sogar die kühe, die grasend auf dem nachbargrundstück stehen, gehören gewissermaßen zum wohngefühl! einzig neun geometrisch identische holzkuben gliedern den innenraum, nehmen umkleiden, stauraum, bäder und toiletten auf. passend zum dunklen gussasphaltboden sind die kuben schwarz lackiert. da die elemente an dicke holzstämme erinnern, die die dachkonstruktion tragen – die stahlstützen sind tatsächlich in der holzkonstruktion versteckt, ließen die architekten die kuben mit einer weißen baumgrafik im siebdruckverfahren gestalten und holten auf diese weise ein landschaftsmotiv verfremdet in den innenraum.
und falls die bewohner die nahe natur noch direkter spüren wollen, also nicht nur sehen, sondern auch fühlen und hören wollen, können sie auf und in ihren 2,30 meter schmalen, aber 16 meter langen „schwimmkanal“ im außenbereich ausweichen.