von: norbert mayr / architektur aktuell / 3.2012
die architekten maria flöckner und hermann schnöll gaben dem haus T in hallwang eine lange land(schafts)teilende mittelmauer als rückgrat. sie trägt eine beiderseits auskragende betonplatte, welche windgeschützte frei-, wie gläserne wohn- und aufenthaltsräume bedeckt. die klar-modulare struktur wird durch eine „niveauvolle“ modellierung der bodenelemente ortspezifisch „geerdet“ und in die topografie eingebettet.
belohnte und unbelohnte wohnbauambitionen
maria flöckner und hermann schnöll haben sich in den beiden letzten jahrzehnten immer wieder mit dem thema wohnbau auseinandergesetzt. sie waren eines der sieben architekturbüros, die – angeregt von bettina götz als österreichischer architekturbiennale-chefin venedig 2008 – eine innovative wohnanlage in wien planen sollten. die realisierung scheiterte. anstelle des schlüssigen konzepts mit 208 wohnungen wollten und konnten die architekten nicht der nachträglichen forderung der bauträger nach 340 einheiten nachgeben. auch die realisierung des siegerprojekts des wohnbaus an der fürstenallee im süden der stadt salzburg (siehe: am freiraum weiterbauen. wohnen am historischen gestüt, in: architektur aktuell, the art of competition, 3.2011, s. 12-19) hängt an einem seidenen faden. der bauherr stellte zuerst die drei ausdifferenzierten wohnungstypen des siegerprojekts infrage und präsentierte dann einen vertrag, der für die architekten hinsichtlich einer projektgetreuen umsetzung nicht akzeptabel ist. vielleicht löst dieser konflikt eine debatte aus, die sich produktiv auf die vertragskultur insgesamt in österreich auswirkt.
zum thema wohnen realisierten maria flöckner und hermann schnöll im dreijahrestakt vier programmatische einfamilienhäuser (siehe: architektur aktuell 2002, nr. 273, s. 130-137; 2005, nr. 308 s. 130-137; 2007, nr. 326 s. 98-107). dem haus und atelier zenzmaier in kuchl (2000/2001) folgte das haus morzg (2002/2004) als restrukturierung eines hauses aus dem jahr 1914, dann das haus 47°40’48”n/13°8’12”e in adnet (2005/2007) und – ebenfalls in einer ländlichen gemeinde – zwischen 2007 und 2011 das haus T in hallwang. dieser ortsteil der prosperierenden umlandgemeinde nördlich der stadt salzburg wird noch von der landwirtschaft geprägt.
T wie tiefenbach
tiefenbach bezeichnet einen teilabschnitt des fischachtals unweit der stadt. das haus sitzt allerdings über diesem graben. architektin maria flöckner und ihr bruder johann flöckner besitzen am tiefenbacher hang unterhalb des berggasthofes jeweils ein grundstück von rund knapp 3.000 quadratmetern am rande der elterlichen landwirtschaft. die erschließungsstraße für die beiden benachbarten grundstücke befindet sich im norden, annähernd zwei drittel im süden sind jeweils grünland. drei eichen an der grundgrenze direkt an der topografischen landschaftskante bilden die locker gesetzte „räumliche gartenmauer“.
T wie teilen und trennen
johann flöckner bebaute das östliche grundstück. die architekten setzten das langgezogene haus auf als land(schafts)teilendes element möglichst weit an die grünlandgrenze im süden. so entstanden auf der parzelle zwei landschaftlich unterschiedliche freiräume, neben dem tieferliegenden wiesenraum ist platz für einen künftigen obstgarten im höherliegenden norden. der tiefenbacher hang fällt nämlich nach südwesten rund 10% ab. bei der etwas flacheren hangsituation in adnet drückten die architekten das haus 47°40’48”n/13°8’12”e leicht – ohne abgrabungen oder aufschüttungen – in das abfallende gelände. auch in hallwang blieb der geländeverlauf unverändert, ebenso kam eine horizontale platte als auskragendes betondach zum einsatz. trotzdem ist die konzeption für hallwang eine ganz andere.
T wie querschnitt
das rückgrat des 28,8 meter (6 module à 4,8 meter) langen hauses bildet eine zentrale, einen meter tiefe mittelwand-zone. sie nimmt nass-, haustechnik und nebenräume auf und ermöglicht gleichwertige offene oder verglaste raumsequenzen auf nord- wie südseite. die dachplatte, die sich im westen als prägnant auskragendes vordach präsentiert, bedeckt im osten ein zweigeschoßiges volumen. dieses nimmt exakt zwei drittel der hauslänge ein und steckt zur hälfte in der erde. die knapp sechs meter zwischen dach- und bodenplatte unterteilt ein besonders strukturiertes horizontalelement in zwei geschoße. acht bodenpodeste von jeweils 15,6 quadratmetern größe – jeweils um zwei stufen (35 zentimeter) untereinander versetzt – zeichnen den geländeverlauf des hanges nach, sodass die jeweiligen bodenniveaus des hauses in die topografie übergehen. in der diagonale ändern sich daher die raumhöhen in vier niveausprüngen von der offenen plattform im nordosten mit unter zwei metern bis zum wohnraum im südwesten mit 3,20 meter höhe. durch die der hangneigung folgenden bodenpodestversätze wachsen die raumsequenzen stetig an höhe, unterirdisch entwickeln sich die raumvolumina gegenläufig. die dort bis zu 3,55 meter hohen schlaf- und arbeitsräume partizipieren an einem abgesenkten gartenhof im osten, niedrigere lagerräume sind im westen untergebracht.
die beiden je 30 quadratmeter großen wohn- und aufenthaltsräume sind bis auf die küche im süden gleichwertig und nutzungsneutral. sie öffnen das haus als gläserne gartenräume zu beiden landschaftlichen freiräumen im norden und süden und erlauben es dem bewohnern, auf die unterschiedlichen sicht, licht- und besonnungsverhältnisse zu reagieren. zudem finden sich unter der dachplatte vier wind- und sonnengeschützte freibereiche. dem extrovertierten erdgeschoß steht das introvertierte, räumlich differenzierte, klimastabile untergeschoß gegenüber, das auch im sommer konstante temperaturen gewährleistet.
den auch im untergeschoß angenehm temperierten boden (betonkernaktivierung) gewährleistet eine wärmepumpe mit erdwärmeflachkollektor. das kostengünstig abgewickelte bauvorhaben wurde ohne sichtbeton-standard ausgeschrieben, exakt auf die schalungsbrettbreite von 2,40 metern abgestimmte ausführungspläne brachten die modulare grund- in die oberflächenstruktur, beispielsweise die deckenteilung vom 50×240 zentimeter.
T+x=60m
das haus erstreckt sich direkt ohne nachbarabstand von grundstücks- zu grundstücksgrenze. vielleicht wird maria flöckner als bauherrin im westen weiterbauen. dann wollen die architekten am thema, den landschaftraum zu teilen, den ort der teilung und das hanggefälle zu verräumlichen, weiterarbeiten. vielleicht entwickelt sich dann eine 60 meter lange raumorganisierende struktur lagernd aus dem hang heraus, eine raumordnung jenseits von freistehenden, meist doppelt so hohen einfamilienhäusern.
zum projekt haus T